Häufig gestellte Fragen: Pflegefamilie werden und sein!
"Gibt es eine Unterstützung für die Pflegefamilie?"
Neben der finanziellen Unterstützung durch ein Betreuungsentgelt kann die Familie durch eine pädagogische Fachkraft unterstützt werden, die regelmäßig die Familie besucht und schaut, ob alles in Ordnung ist. Bei Schwierigkeiten steht sie der Familie und auch dem behinderten Menschen beratend zur Seite. Diese Hilfe wird ebenfalls von der Eingliederungshilfe finanziert und über eine Hilfeplanung (in der Regel einmal im Jahr) begleitet.
"Ich bin allein - kann ich trotzdem Pflegefamilie werden?"
Familie ist in diesem Zusammenhang nicht als "klassisches Familie" - Vater, Mutter, Kind - gemeint. Pflegefamilie bedeutet, eine Form von sozialen Bezügen, die eine exklusive, verbindliche Gemeinschaft beinhaltet. Hierbei sind alle möglichen Formen denkbar, ob verheiratet oder nicht. Grundsätzlich ist es also möglich, als alleinstehender Mensch Pflegefamilie zu werden. Dennoch sollte man für sich selbst prüfen, ob man den "Gast" zu sich nehmen möchte, um damit die eigene Einsamkeit zu bewältigen. Dies wäre keine günstige Voraussetzung, da mit dieser Erwartung der behinderte Mensch überfordert ist und in seiner eigenen Entwicklung zusätzlich gehemmt wird.
"Ist das Betreuungsentgelt steuerfrei?"
Ja! Mit dem Jahressteuergesetz von 2009 sind für die Pflegefamilien die Einnahmen, die sie für die Aufnahme und Betreuung eines behinderten Menschen bekommen, grundsätzlich steuerfrei (§18 Abs. 1 Nr. 1 EStG).
"Muss ich als Pflegefamilie pädagogische Vorerfahrungen mitbringen?"
Entscheidend für die Qualifizierung als Pflegefamilie ist, dass Interesse und Motivation vorhanden ist, eine Lebensform gemeinsam mit dem Menschen mit Unterstützungsbedarf leben zu wollen. Die Bereitschaft, den familiären Rahmen für andere Menschen zu öffnen, ist wichtig. Denn neben dem behinderten Menschen schaut regelmäßig eine pädagogische Fachkraft vorbei, viele behinderte Menschen haben einen rechtlichen Betreuer und die Hilfeplanung des Landkreises ist ebenfalls beteiligt. Auch leben die behinderten Menschen in der Regel nicht isoliert, sondern haben auch Bekannte und Freunde, die sie vielleicht auch mal "nach Hause" einladen möchten. Die Erfahrungen aus anderen Bundesländern haben gezeigt, dass gerade Familien ohne pädagogische Vorerfahrung, unmittelbarer und intuitiver auf den behinderten Menschen eingehen können. Denn in erster Linie handelt es sich beim Gast zunächst um einen Menschen, der eben nur als Merkmal unter vielen Eigenschaften eine Behinderung aufweist!
"Kann ich auch ohne den zu betreuenden Menschen Urlaub machen?"
Die Pflegefamilie hat Anspruch auf 28 Tage Abwesenheit pro Jahr, die sie ohne den behinderten Menschen verbringen können. In diesen Zeiten wird der beeinträchtigte Mensch entweder in einer anderen Pflegefamilie oder in einer stationären Einrichtung betreut. Die finanziellen Leistungen werden in diesen Zeiten weiterhin an die Pflegefamilie gezahlt. Hierbei ist eine rechtzeitige Planung wichtig, um keine Versorgungslücke für den Mensch mit Unterstützungsbedarf entstehen zu lassen.
"Was tue ich, wenn ich das Pflegefamilienverhältnis beenden möchte?"
Wer sich entscheidet, Pflegefamilie zu werden, sollte dies nicht aus einer momentanen Laune oder aus finanziellen Erwägungen heraus tun. Dieser Schritt bedeutet zunächst einmal eine längerfristige Planung (über Jahre), sein Leben mit dem beeinträchtigten Menschen zu verbringen. Natürlich können sich im Laufe des Lebens Umstände verändern oder ein weiterer Verbleib des behinderten Menschen nicht mehr möglich sein, so dass neue Perspektiven gefunden werden müssen. Dies geschieht dann gemeinsam mit dem Menschen mit Unterstützungsbedarf, der/dem rechtlichen Betreuer/in des behinderten Menschen und der Hilfeplanung der Eingliederungshilfe. Zusammen wird dann nach einer individuellen Lösung für den weiteren Verbleib des Menschen mit Unterstützungsbedarf geschaut.
"Kann ich auch mehrere behinderte Menschen in meinem Haushalt aufnehmen?"
Zum einen ist dies natürlich abhängig davon, wie sich die räumlichen Möglichkeiten im eigenen Haushalt gestalten. Jeder aufgenommene behinderte Mensch hat einen Anspruch auf ein eigenes Zimmer. Dies wird durch einen Hausbesuch der Hilfeplanung abgeklärt, denn niemand möchte in einer "Besenkammer" wohnen. Ist genügend Platz für jedes Familienmitglied vorhanden, ist es grundsätzlich möglich, mehr als einen behinderten Menschen aufzunehmen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Menschen in ihren Behinderungsbildern "zueinander passen" und sich nicht gegenseitig behindern. Hierbei muss eine sorgfältige, genaue Auswahl getroffen werden. Bei Geschwistern, bei denen es nicht sinnvoll ist, getrennt zu werden oder Menschen, die sich schon seit längerem kennen, kann dies im Einzelfall möglich und passend sein.
"Ich habe eine Einliegerwohnung. Wäre dies eine passende Wohnmöglichkeit im Rahmen eines Pflegefamilienverhältnisses"
Grundsätzlich lebt der behinderte Mensch innerhalb der Familie, d.h. auch innerhalb der Wohnung oder des Hauses. Zwar kommt es dabei häufig vor, dass sich das eigene Zimmer des behinderten Menschen im oberen Stockwerk befindet oder etwas zum Rest der Wohnräume abgetrennt ist. Eine Einliegerwohnung bedeutet eine für sich abgeschlossene Wohneinheit, die nicht mehr zum Wohnbereich der Familie gehört. Das Konzept der Pflegefamilie sieht beim Landkreis Nienburg vor, dass der behinderte Mensch im gemeinsamen Haushalt der Familie lebt, d.h. auch Räume, wie z.B. Küche, Wohnzimmer oder Bad miteinander teilt. So entsteht erst ein gemeinsames Leben, was sich in einer abgeschlossenen Wohnung nicht ergibt. Es wäre aber zu überlegen, die Einliegerwohnung direkt an einen Menschen mit Unterstützungsbedarf zu vermieten. Hierbei wird jedoch ein höheres Maß an Selbstständigkeit des beeinträchtigten Menschen gefordert, weil er für eine eigenständige Wohnung verantwortlich ist. Wenn eine zusätzliche Betreuung notwendig sein sollte, kann dies nicht über die Familie abgedeckt werden, sondern über einen externen Anbieter. Der Mensch, der in einer eigenen Wohnung leben kann, ist zu selbstständig, um in einer Pflegefamilie passend untergebracht zu sein und dort betreut zu werden!
"Kann ein pflegebedürftiger Mensch in einer Pflegefamilie aufgenommen werden?"
Diese Frage kann nur im Einzelfall überprüft werden. Wichtig ist dabei, ob der behinderte Mensch ausreichend Unterstützung im Alltag erfährt. Dies kann über die Pflegefamilie, aber gegebenenfalls auch durch begleitende Hilfsdienste, wie z.B. durch einen ambulanten Pflegedienst, sichergestellt werden. Auch ist zu beachten, ob die Pflegefamilie mit dem pflegebedürftigen Menschen nicht überfordert wird.
"Kann ich Pflegefamilie für meine behinderte Schwester sein?"
Grundsätzlich ist ein Pflegefamilienverhältnis bei Geschwistern ausgeschlossen.
Es kann aber im Einzelfall geprüft werden, ob eine Anerkennung als Pflegefamilie möglich ist. Hierbei ist insbesondere entscheidend, dass keine Abhängigkeiten geschaffen werden, was z.B. in Erbschaftsangelegenheiten wichtig werden könnte. Für die individuelle Entwicklung eines behinderten Menschen kann sich das Leben bei einem Geschwister nachteilig auswirken, muss aber im individuellen Fall geprüft werden.
Ein Pflegefamilienverhältnis zwischen Eltern und Kindern sowie zwischen Eheleuten ist ausgeschlossen.